Montag, 17. Oktober 2011

Rödelheimer Büchergarten: Ein fast echter van Gogh auch für den kleineren Geldbeutel

 Rödelheim. Ein echter van Gogh? Unbezahlbar, logisch. Ein beinahe echt aussehender ist schon deutlich erschwinglicher. Doch was sieht aus wie echt? Da beginnt das Problem nämlich schon, wie Peter Kripgans weiß. "Kaum jemand ist in der Lage, einen Kunstdruck als authentisch einzustufen", sagt der emeritierte Kunstprofessor, der vor einiger Zeit mit seiner Frau den Rödelheimer Büchergarten übernommen hat.
Dabei liegt das nicht daran, dass sich die Betrachter nicht auskennen. Vielmehr haben Poster und Drucke von bekannten Kunstwerken farblich fast nichts mehr mit dem Original zu tun, weil der Druck schlicht und ergreifen schlecht und billig ist - Farbnuancen verschwimmen im Farbbrei, klumpen oder leuchten lange nicht so wie im Original. "Viele Menschen sind dann überrascht, wenn sie im Museum dem Bild gegenüberstehen, das sie von daheim nor vom Poster kennen", sagt Kripgans. Und für das sie manchmal vielleicht sogar noch einen recht stattlichen Preis gezahlt haben.

Wer sich schon einmal im Büchergarten umgeschaut hat, dem dürften die Monets und Kroyers aufgefallen sein, die sich auffällig unauffällig an den Wänden oder auf der Staffelei in das Erscheinungsbild einfügen und Atmosphäre schaffen. Entstanden sind diese im Stockwerk über dem Buchladen. Dort hat Kripgans seine Drucker stehen, die im Geclée-Verfahren die Werke großer Meister erstaunlich echt entstehen lassen.
Das Verfahren funktioniert, einfach formuliert, so: Winzigste Farbtropfen werden auf die Oberfläche, meist Leinwand getropft. Durch die Oberflächenspannung der Tropfen, die Struktur dier Leinwand sowie den anschließenden Firniss entsteht eine leichte, dreidimensionale Oberfläche.
Die Vorlagen stammen aus der Artothek (http://www.artothek.de/), einer Bilddatenbank, in der mehr als 30 000 Werke aus allen möglichen Museen der Welt hinterlegt sind. Das besondere an dem Druckverfahren ist jedoch, dass die Drucke die Originalfarben der Originalwerke exakt wiedergeben - bis ins winzigste Detail. Auf eine gewisse Entfernung wären die Drucke also vom Original so gut wie nicht zu unterscheiden.
Das Farbspektrum ist in der Datenbank genau hinterlegt, mittels eines Farbrasters. Vor dem Druck werden die Farben über ein standadisiertes Verfahren abgeglichen. Dafür muss der Computer auch schon mal ein halbes Stündchen Rechnen. Wie genau das geht, lässt sich anhand der Dateingrößen erahnen: 500 Megabyte sind da keine Seltenheit.
Dazu musste sich Kripgans vertraglich verpflichten, als er auf die Idee kam, den Fundus der Artothek anzuzapfen. Und dass er das tut, darauf wird seitens der Museen penibel geachtet. Darum kann  er die Drucke mit Fug und Recht als "museeumszertifiziert in Museumsqualität" anpreisen. Bislang bundesweit exklusiv, was die Artothek betrifft.
Kripgans stammt aus dem Kunstgewerbe, ist emeritierter Kunstprofessor, hatte lange einen Lehrstuhl in London. Mehr als 20 Jahre arbeitete er als Experte für diverse weltweit tätige Auktionshäuser. Vor nicht allzu langer Zeit übernahm er mit seiner Frau den Büchergarten. Irgendwann bot sich die Gelegenheit, günstig einen passenden Drucker zu kaufen, er schlug zu, denn er hatte die passende Idee.
Mit den Kunstdrucken erweitert er das Angebot. "Das ist ein Non-book Segment, das zu einer Buchhandlung passt", findet er. Zurzeit ist er dabei, die Idee auszubauen und Vertriebsstrukturen zu entwickeln. Er hat vor allem Buchhändler im Visier. Aber auch ein Internetportal entsteht zurzeit.
Bei den Kollegen rennt er damit offenbar offene Türen ein. "Das Interesse ist groß", sagt er. Für ihn, aber auch für seine Buchhändlerkolegen, sieht er in dem Verkauf ein ideales zweites Standbein: Es passt zur Literatur und es ist durchaus lukrativ. Um die 200 Euro kostet ein Druck im Standardformat - je nach Größe.
Würde etwa ein weitere Zwischenhändler die Drucke anbieten, böten sich diesem immer noch ordentliche Margen. "Dafür müsste man 10 bis 15 Taschenbücher verkaufen", vergleich Kripgans. "Bei vergleichsweise kleinem Aufwand." Diskret versucht er etwa, die Aufmarksamkeit seiner Bücherkunden auf die Bilder zu lenken. Durchaus erfolgreich. In mehreren Rödelheimer Wohnungen, Praxen und Kanzleien hängen bereits Exponate.
Standardformat bedeutet einerseits, dass Werke in der Darstellung nicht beschnitten werden oder in ein Format gepresst werden, was in der Darstellung zu Verzerrungen führen würde - alles schon gesehen, schüttelt Kripgans immer wieder den Kopf. Aber es ist auch möglich, großformatige Bilder in Originalgröße zu reproduzieren. "Allerdings sind die Preise dann auf Anfrage", sagt er. Schließlich erfordern größere Drucke etwa auch größere Rahmungen und mitunter Mehraufwand beim Aufziehen. Deutlich günstiger als die Originale bleiben sie dann immer noch. Ansonsten muss man auf nichts weiter verzichten.

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