Rödelheim. Auf den ersten Blick könnte man meinen, es handelt sich um Schnappschüsse. Manches der Porträts ist unscharf, wirkt verwackelt. Doch die scheinbare Nachlässigkeit von Vera Bourgeois hat System. Die Künstlerin will die Aufmerksamkeit des Betrachters über das bloße Foto hinaus lenken, hin zu den wirklich wichtigen und existenziellen Fragen, die sich in einen Menschenleben auftun. „Die Bilder, die so entstehen, sind weder Schnappschüsse noch ausgeklügelte Kompositionen. Sie haben jene Unmittelbarkeit, ja Unvollkommenheit, von der der amerikanische Fotograf Stephen Shore sagt, dass sie, wenn man untersuchen will, wie die Welt aussieht, hilfreicher sein kann als die Perfektion“, schrieb einmal Annelie Lüttgens über die Arbeiten von Vera Bourgeois. Und so sollen auch die Afrikanischen Porträts, die zurzeit im Goethe-Institut zu sehen sind, Fragen stellen.
Dass sich aus Fragen Dialoge entwickeln, das gehört zum Kunstverständnis von Vera Bourgeois. Kunst als Selbstzweck, l’ art pour l’art, das ist ihre Sache nicht: „Das genügt mir nicht". Sie will Menschen erreichen, Impulse geben, Diskussionen entfachen – und schafft dies immer wieder. Und sie spielt den Ball zurück zum Betrachter, etwa bei Lesungen. „Mein Ziel ist es, etwas in Bewegung zu setzen. Ich bin jemand der verlangsamt und versucht zu vertiefen.“
Schließlich sieht sie Kunst nicht nur als Ästhetik, sondern als etwas das eingreift in die Politik, in die Gesellschaft das helfen soll, Dinge in einem positiven Sinn weiterzuentwickeln. Aber: sie möchte ihr Schaffen nicht in den Dienst der Politik oder der Sozialwissenschaften stellen.
Die Fotos für African Portraits entstanden in Kamerun. Dort war sie vor einigen Jahren im Auftrag des Goethe-Instituts unterwegs. „Ich saß in einer Kneipe und hatte Zeit“, erzählt sie. Dabei beobachtete sie die Leute um sich. Und je länger sie beobachtete stellte sie fest, dass die Menschen begannen, sich aus der -aus Sicht einer Weißen – Ununterscheidbarkeit zu lösen. "Langsam bildeten sich die intensiven individuellen Charaktere für mich heraus." So begann sie, die Leute zu fotografieren.
Dass sich aus Fragen Dialoge entwickeln, das gehört zum Kunstverständnis von Vera Bourgeois. Kunst als Selbstzweck, l’ art pour l’art, das ist ihre Sache nicht: „Das genügt mir nicht". Sie will Menschen erreichen, Impulse geben, Diskussionen entfachen – und schafft dies immer wieder. Und sie spielt den Ball zurück zum Betrachter, etwa bei Lesungen. „Mein Ziel ist es, etwas in Bewegung zu setzen. Ich bin jemand der verlangsamt und versucht zu vertiefen.“
Schließlich sieht sie Kunst nicht nur als Ästhetik, sondern als etwas das eingreift in die Politik, in die Gesellschaft das helfen soll, Dinge in einem positiven Sinn weiterzuentwickeln. Aber: sie möchte ihr Schaffen nicht in den Dienst der Politik oder der Sozialwissenschaften stellen.
Die Fotos für African Portraits entstanden in Kamerun. Dort war sie vor einigen Jahren im Auftrag des Goethe-Instituts unterwegs. „Ich saß in einer Kneipe und hatte Zeit“, erzählt sie. Dabei beobachtete sie die Leute um sich. Und je länger sie beobachtete stellte sie fest, dass die Menschen begannen, sich aus der -aus Sicht einer Weißen – Ununterscheidbarkeit zu lösen. "Langsam bildeten sich die intensiven individuellen Charaktere für mich heraus." So begann sie, die Leute zu fotografieren.
Das Reisen spielt hierbei eine wichtige Rolle. Viele Jahre reiste sie kreuz und quer durch die Weltgeschichte. „Ich habe großes Interesse an der Welt, am großen Ganzen“, sagt sie. Dort machte sie die Erfahrung, dass der Blick aus der Ferne den Blick auf das eigentlich Vertraute verändert. Zudem lernte sie immer wieder unterschiedliche Blickwinkel kennen, die bis dato gemachte Erfahrungen und Einstellungen relativierten. Diese Haltung prägt ihre Arbeit.
Zurzeit beschäftigt sie eine andere Frage, das „30 Euro Projekt“. Kern des Ganzen ist die Frage: „Würden Sie einer Person 30 Euro im Monat geben, damit sie eine Vision umsetzen kann?“ oder anders herum gefragt: „Welche Vision würden Sie für 30 Euro im Monat umsetzen, wenn Ihnen jemand diesen Betrag zur Verfügung stellen würde?“ Ein künstlerisches Experiment. Erste Trends stellt sie bereits fest. „Bei uns gibt es fast nur Leute, die sich selbst überlegen, was sie mit 30 Euro umsetzen würden.“ Dabei sind es gerade wir Deutsche oder Europäer, die eigentlich die 30 Euro geben könnten, statt es selbst einzusetzen. Doch der Gedanke ist meist ein anderer. Oft würde überlegt, ob eine andere Person wirklich sinnvoll mit dem Geld umgehen würde. Am besten, so die bisherigen Beobachtungen, würde man sich also selbst das Geld geben, so schien es in unserer heutigen Kultur erst einmal. Doch egal, wie diese „Forschungarbeit des Lebens“, wie Bourgeois sagt, in ihrer Kunst genau weitergeht: Wichtig ist ihr, dass man „mit sich selbst im Klaren ist, welche Visionen man hat und verfolgen möchte“.
Nach den Anschlägen vom 11. September machte sie einen Versuch. Sie forderte die Besucher auf, einen besonders beeindruckenden Satz zu zitieren, der ihr Leben veränderte. Inspiriert hatten sie ihre Erlebnisse in New York zu dieser Zeit. „Überall in der Stadt hingen Banner, in denen die Menschen ihre Emotionen und Gefühle ausdrückten und teilten.“ Andere hängten Plakate auf, in denen die Betroffenen und Angehörigen konkrete Hilfsangebote machten: Ein ganz intimer und offener Austausch im öffentlichen Raum. „Das war überwältigend“, ist Vera Bourgeois noch heute beeindruckt. 120 Menschen folgten wiederum ihrem Aufruf. Bei einer Lesung in München las sie einen Teil der Antworten vor, es entwickelte sich ein Gespräch. Auch wenn sie sagt, dass sie ihre Arbeit nicht unbedingt auf dem Feld der Sozialarbeit oder als Therapie angesiedelt sieht – ein Stück weit scheinen die Arbeiten doch genau diesen Zweck zu erfüllen: Sie setzen Diskussionen in Gang, fördern Austausch und Gespräche, vermitteln manchmal sogar Trost oder Lebenshilfe. Mehr kann man von Kunst nicht erwarten.
Zur Person:
Vera Bourgeois
Studium der Kunsterziehung, Soziologie, Politik in Gießen und Frankfurt/Main. Studium der Freien Kunst bei Marina Abramovic, Stanley Brouwn, Georg Herold (Berlin, Hamburg, Frankfurt/Main).
1. Preis „Grenzgänge“ /München 1995, Erasmus / Wien 1997, Atelierstipendium / Basel 1998, 1822 Sparkassenstiftung 1999, Maecenia Stiftung 2002, Heussenstammstiftung 2010, Förderung u. a. durch das Institut für Bildung und Kultur in Remscheid, Hessisches Ministerium für Bildung und Kultur in Wiesbaden, und das Amt für Wissenschaft und Kunst in Frankfurt/Main, Eon, Siemens AG.
Seit 1986 Installationen, Objekte und Performances im öffentlichen Raum (Berlin, Frankfurt/Main, Hamburg, Basel, Rotterdam, Moskau u.a.) Ausstellungen, u.a. in Kunstwerke Berlin, Kunsthaus Glarus, Kunstverein Hannover, Kunstverein Frankfurt, Zahlreiche Auslandsaufenthalte u.a. in Zusammenarbeit mit den Goethe Instituten in Rotterdam, Moskau, Bolivien, Zimbabwe und Kamerun: 2000 Harare/Zimbabwe, 2004 Performancefestival Cochabamba/Bolivien, Santiago/Chile, 2005/07/08 Lehrtätigkeit und Ausstellungen in Yaounde/Kamerun,.
1998 Geburt des Sohnes Billie.
2001 - 2007 Professur an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. 2009 Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Gastprofessuren an der Goethe-Universität/Frankfurt am Main und der Hochschule für Gestaltung/Basel und der Hochschule für Bildende Künste Saar. Zahlreiche Vorträge.
lebt in Frankfurt am Main/Rödelheim.
Publikationen (Auswahl)
Vera Bourgeois, Werkkatalog anläßlich der Ausstellung in der Frankfurter Sparkasse Frankfurt am Main 1999./ Vera Bourgeois, Werkkatalog 2000./ Katalog mit neuen Arbeiten „Vera Bourgeois, 2001 – 2006“, Frankfurt, 2006./ „Meisterinnen. Zwischen Lehre und eigenem Werk“, Hrsg. Vera Bourgeois, Salon Verlag, Köln 2007./ klasse verabourgeois, 2001 – 2007, Kerber Verlag, Bielefeld, 2008, Public transfer, Frankfurt, 2011.
http://www.vera-bourgeois.com%20/
http://www.vera-bourgeois.com%20/
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen