Dienstag, 22. Dezember 2015

Nachruf: Das war's. Der Rödelheimer Blog geht vom Netz


Liebe Rödelheimer,


vor einigen Wochen hatte ich nur einen Nachfolger gesucht, um den Blog während unserer Abwesenheit fortzuführen. Nun habe ich mich entschlossen, den Blog doch ganz zu schließen, denn das Risiko, Urheberrechtsverstöße zu begehen ist mit zu heiß geworden. Und zu teuer.

Anlass war nun ein Schreiben eines Fotografen, das mich heute erreichte. Dabei geht es um einen Text aus dem Februar 2013: "Marcel Beyer liest aus Putins Briefkasten und anderen Texten", eine Veranstaltung in der Stadtteilbibliothek, zu der der Förderverein der Einrichtung eingeladen hatte. Man hatte auch eine Einladung mit Bitte um Ankündigung an den Blog geschickt. Natürlich habe ich die Veröffentlicht - wozu ist der Blog auch sonst da? Geht es nicht darum zu erfahren, was im Stadtteil los ist?

Mit dabei war ein Foto des Schriftstellers mit dem Hinweis auf das Copyright und dem Vermerk Veröffentlichung honorarfrei. Diese Datei lud ich herunter in gutem Glauben das richtige zu tun und fügte sie ein. Den Copyright-Vermerk vergaß ich.

Nein, das Bild habe ich nicht kleingerechnet, ich habe es in der ursprünglichen druckfähigen Auflösung gelassen. Warum auch nicht - Ladezeiten spielen bei diesem Blog keine Rolle.

Die Veranstaltung in der Stadtteilbibliothek kam und ging und wurde wieder vergessen. Doch das Internet vergisst nichts. Und so flatterte mir heute die Rechnung ins Haus. Mit allem drum und dran macht der Fotograf nun 2081,15 Euro geltend.

Geld, das ich so einfach nicht habe, aber wohl irgendwie werde aufbringen müssen, sollte kein Wunder geschehen. Woher ich das Geld nehmen soll, weiß ich noch nicht.

Zumindest stehe ich nach jetzigem Stand am Ende der Kette, habe den Fehler begannen und stehe mit den Kosten alleine da.

Ich kann den Fotograf verstehen. Er möchte nicht, dass seine Arbeit entwertet wird, muss auch davon leben. Und das Fotografendasein ist hart genug. Auch er will von seiner Arbeit schließlich leben können. Dennoch ist es schon bitter, dass ein kleiner ehrenamtlicher unkommerzieller Ein-Mann-Betrieb ebenso hart zur Kasse gebeten wird, als würde es sich um einen kommerziell tätigen Verlag handeln.

Was ich nun auch weiß, dass ich angesichts solcher Vorkomnisse das Risiko, den Blog zu betreiben, nicht mehr auf mich nehmen kann und will. Irgendwann geht es nämlich auch an die Existenz. Ich habe nie gejammert über die inzwischen wahrscheinlich Tausenden von Stunden, die ich hinein gesteckt habe. Ehrenamtlich. Ohne auch nur einen einzigen Cent dafür zu bekommen.

Ich habe es immer gerne gemacht. Im Bewusstsein, etwas für den Stadtteil auf die Beine zu stellen, was das Leben hier ein Stückchen lebenswerter macht. Das werde ich mir - unabhängig vom vorübergehenden Ortswechsel - nicht mehr leisten können.

Mehr als viereinhalb Jahre habe ich das Leben im Stadtteil im Blog begleitet. Es hat Spaß gemacht.

Frohe Weihnachten Euch allen

Andreas Nöthen



3 Kommentare:

Michael Pecho hat gesagt…

Hallo,

es tut mir sehr leid diesen letzten Post des Rödelheim Blogs zu lesen!

Ich verfolge den Blog schon seit langem, bin nicht immer einer Meinung mit den Verfassern, aber doch immer dankbar für dieses Sprachrohr für den Stadtteil. Als alteingesessener Rödelheimer erlebe ich in den letzten Jahren einige positive Veränderungen zu aktiver Nachbarschaft und viel ehrenamtlichem Engagement und dieser Blog war für mich stehts ein Teil des Ganzen.

Die Urheberrechtssituation im Internet ist leider sehr undurchsichtig und selbst für interessierte Laien nur schwer zu durchschauen. Über Recht und Unrecht zu befinden steht mir dabei nicht zu, aber die Unart des massenhaften Abmahnens mit teilweise absurden Geldbeträgen empfinde ich zumindest als sehr fragwürdig.

Worauf ich hinaus will ist, dass Sie zumindest nicht alleine auf diesen Kosten sitzen bleiben. Ich bin gerne bereit mich mit sagen wir mal €50 zu beteiligen und vielleicht finden sich ja noch ein paar weitere Leser, die Ihnen gerne ein bisschen etwas für die investierten Arbeitsstunden zurückgeben möchten.

Viele Grüße und schöne Weihnachtsfeiertage,
Michael Pecho

Andreas Nöthen hat gesagt…

Hallo Herr Pecho,

vielen herzlichen Dank für ihr großzügiges Spendenangebot, das ich natürlich gerne annehme. Das ist sehr sehr nett. Die Kontonummer lautet 1201546930 bei der Frankfurter Sparkasse (BLZ 50050201). Wären Sie einverstanden,dass ich die Spende im Rahmen eines Spendenbarometers anonymisiert öffentlich nenne?

Danke und frohe Weihnachten

Andreas Nöthen

Matthias hat gesagt…

Hallo Andreas,

das ist wirklich ein harter Schlag. Ich habe Ihr Blog immer genossen und lese ihn gerne. Und deshalb hoffe ich natürlich sehr, dass es noch eine andere Lösung geben wird.

Mein dringender Rat: nicht gleich zahlen, sondern gehen Sie zu einem Fachanwalt und lassen Sie sich erst einmal beraten - die Erstberatung ist von den Kosten her erschwinglich (fragen Sie vor dem Termin danach, aber ich meine, für die Erstberatung gibt es einen Fixbetrag). Ich beteilige mich gerne an den Kosten und habe soeben etwas überwiesen.

Viel Glück und Erfolg!
Und: frohe Weihnachten - lassen Sie es sich nicht vermiesen.

Matthias