Donnerstag, 1. Dezember 2011

Werbefachmann Philipp Erlach: "Wer hier lebt, muss sich seiner Werte sicher sein"

Rödelheim. In den letzten Tagen wurde an dieser Stelle viel darüber diskutiert, wie der Stadtteil Rödelheim gesehen wird. Jeder mag ein gewisses Bild haben, ein Gefühl, dass er mit dem Stadtteil verbindet. Geht das über die einzelne Person hinaus und verfestigt sich in einer Meinung, die Außenstehende vom Stadtteil bekommen, spricht man von einem Image.
Viele Stadtteile verfügen über ein Image, das nicht unwichtig dafür ist, wie sich ein Stadtteil in Zukunft entwickelt. Gilt er als schmutzig oder unsicher, setzt sich ein Prozess in Gang, den Stadtplaner und Politiker tunlichst vermeiden möchten. Denn am Ende steht der so genannte soziale Brennpunkt.

Woher kommt ein Image, wie entsteht es und was kann man dagegen tun? Wir haben nachgefragt bei Philipp Erlach, Geschäftsführer der Frankfurter Werbeagentur „Vier für Texas“ (http://www.4ft.de/), die ihre Zelte ganz bewusst im Frankfurter Bahnhofsviertel aufgeschlagen hat, gleich vis-à-vis des Eroscenters.

Eure Agentur sitzt im Frankfurter Bahnhofsviertel – wäre das schicke Westend nicht die bessere Adresse in eurer Branche?
Bei Adressen ist es für uns keine Frage von besser, sondern von passender – jeder sollte sich seinen Platz suchen und eine schicke Adresse passt eben auch zu einer schicken Agentur. Was wir nicht sind. Im immer Ungeplanten und manchmal Wilden unseres Viertels finden wir auch Hauptwert unserer Branche wieder: Kreativität. Das Bahnhofsviertel ist gewissermaßen der Wilde Westen Frankfurts, darum fühlen wir Texaner uns hier natürlich besonders wohl.


Habt ihr keine Angst, das Image des Bahnhofsviertels könnte eurer Agentur schaden?
Nein, wir freuen uns über die Mobilität und den Freiraum, den uns unser Viertel bietet. Auch unsere Kunden sind vorwiegend positiv auf die Atmosphäre unseres Viertels eingestimmt. Aber zugegeben, wer hier lebt und arbeitet, muss sich seiner eigenen Werte sehr sicher sein – man sieht tagtäglich, was passieren kann, wenn man sich gehen lässt.

Frage an den Werbefachmann. Was genau ist ein Image? Wie entsteht es?
Ein Image ist ein hoffentlich positives Vorurteil. Es entsteht, so banal das ist, über Wiederholung und speist sich, etwas weniger banal, aus der Richtigkeit und Einheitlichkeit der Botschaft, die gesendet werden.

Kann man ein Image beeinflussen. Wenn ja, wie? Und von wem?
Selbstverständlich, sonst hätte ich ja auch keinen Job. Es geht darum, die richtige Botschaft zu finden und diese an so vielen Stellen wie möglich zu leben. Marketing und Kampagnen sind eine Weise ein Image zu steuern, aber auch bei großen Marken ist es so, dass ein Image nicht allein von der Marketingabteilung gemacht wird, sondern von dem ganzen Unternehmen. Wenn Sie sich heute von einer Anzeige angesprochen fühlen und sich morgen beim Einkaufen über den Verkäufer ärgern, dann ist das doppelt so schlimm wie ohne diese Anzeige. Was so abstrakt ein Image genannt wird, sind ja ganz konkrete Erlebnisse: Ihr Kundenberater, der Ihnen 5 Minuten nach Feierabend noch weiterhilft, genügend Parkplätze, wenn Sie am Samstagnachmittag unterwegs sind oder eine gewinnende und leicht zu bedienende Homepage, wenn Sie ein Geschenk suchen. Das ganz Konkrete wird oft über das Marketing-Blabla vergessen.

Wie lange dauert es, ein Image zu wandeln?
So lange, bis hohe Werte einen ganz konkreten Ausdruck finden. Also bis eine tolle Markenkampagne gemacht wird und gleichzeitig die Verkäufer vor Ort auf den Trichter kommen, die toten Fliegen aus dem Schaufenster zu kehren.

Welches Image würden Sie sich für das Bahnhofsviertel wünschen und welches wäre angemessen?
Ich bin stolz und dankbar, in einem Land und einem Stadtteil leben zu dürfen, in dem öfter als nicht, Menschen, die umfallen, aufgelesen und behandelt werden. In dem Menschen, die uns vielleicht seltsam vorkommen, trotzdem sein gelassen werden. In dem ganz viele tapfere Menschen, die oft weit weg von zu Hause sind, sich mit Ideen und harter Arbeit über Wasser halten. Ich wünsche mir, dass das mehr gesehen wird. Wenn dann noch ein, zwei Lokale die Spaß machen, mehr die Trommel rühren, bin ich ganz zufrieden.

2 Kommentare:

Andy Walther hat gesagt…

Okay, schön schön - Image hin oder her! Nur, was ich vermisse, was ist jetzt das Fazit für Rödelheim.
Oder ist das hier 'ne Denksportaufgabe?

Anonym hat gesagt…

Aber Andy, Dir fehlt das assoziative Denken. Als belesener Glasperlenspieler solltest Du das aber beherrschen, oder? -:) Noethena will damit sagen: Wer schlecht über den Stadtteil spricht, sorgt für sein schlechtes Image!! Roger?? (Uff, und das fast schon wissenschaftlich unterlegt) Also, immer schön alles positiv sehen, denn ein schlechtes Image könnte die Immobilie im Stadtteil entwerten............
Übrigens, als „alter Knacker“ darf ich hinzufügen: Es gab mal einen Rahmenplan für Rödelheim, der wurde seinerzeit so um 1980 von der ARG initiiert und vom Architekturbüro Hydrecht Weiyl und Weiyl aus Flörsheim sehr bemerkenswert umgesetzt. Leider verschwand er in den Schublanden des Magistrats als nach der Wallmann-Ära die SPD wieder das Ruder übernahm. Die Rödelheimer Genossen (leider) und Ihr Vorsitzender, der von mir sehr geschätzte und schon lange verstorbene Ernst Weidemann, wollten die Umsetzung nicht. Begründung, man wollte keinen Schicki-Micki-Stadtteil. Und jetzt haben wir das, was damals die SPD wollte, nämlich statt all der alt-eingesessenen Fachgeschäfte ein kleines Las Vegas mit hoch kriminellem Potential, bzw. ein Stadtteil der auf der Kippe steht.
Gruß
Josef Knecht